24. Juli 2009

Kein Zufall – XING, LinkedIn & Co sind Tummelplätze für wechselwillige Bewerber

Kein Zufall – XING, LinkedIn & Co sind Tummelplätze für wechselwillige Bewerber: Markt & Mittelstand 7/8 2009

Natürlich kennen Personalchefs mittelständischer Unternehmen Online-Communities wie Facebook, Xing & Co. Schon lange ist es auch kein Geheimnis mehr, dass sie gerade bei jüngeren Bewerbern die Profile absurfen, um mehr über das „wahre“ Gesicht des Kandidaten zu erfahren. Wie sieht es aber bei der Suche nach Mitarbeitern aus? Nutzen Personaler von mittelständischen Unternehmen die Plattformen für die aktive Suche nach Mitarbeitern?

Xing & Co. sind wie eine Party, auf der jeder offen seinen Lebenslauf mit sich herumträgt“, beschreibt Fachpublizist Stephan Lamprecht die Netzwerkplattformen. Und offenbar eine gute Möglichkeit für Unternehmen, einen teuren Personalberater zu umgehen und direkt mit dem potentiellen Kandidaten in Kontakt zu treten. Holger Fährmann von der Personalberatung People & Projects widerspricht jedoch: „Internetplattformen sind kein Ersatz für einen Personalberater. Ein echter Headhunter würde ganz sicher nicht über sie agieren.“ Er muss das sagen, schließlich will er nicht am eigenen Ast sägen.

Nichtsdestotrotz haben seine Argumente Gewicht. Personalberater kennen sich in ihren Nischen aus. Sie wissen, wer wechselwillig ist. Im Idealfall kennen sie die Persönlichkeiten hinter den Lebensläufen und wissen, wer zu welchem Unternehmen passt. „Wer tummelt sich überhaupt bei Xing, Linkedin und den anderen?“, fragt Fährmann. „Das sind doch in erster Linie die 25- bis 45-Jährigen.“ Aber auch jenseits der 45er-Marke gibt es Leistungsträger. „Diese erfahrenen Arbeitskräfte würden bei einer einfachen Onlinerecherche wegfallen“, ergänzt er.

Abgesehen von den Argumenten der Personalberater bewegen sich Unternehmen egal welcher Größe – also auch Mittelständler – in einer rechtlichen Grauzone, wenn sie potentielle Kandidaten über Online-Communities direkt ansprechen und zu einem Arbeitgeberwechsel animieren. In der realen Welt dürfen sie nicht so offensiv auftreten wie Headhunter und Personal abwerben. Ist die Geschichte damit erzählt?

Nicht ganz. Ein Mitarbeiter eines mittelständischen IT-Unternehmens, der seinen Namen in der Presse nicht lesen will, erzählt eine andere Geschichte: „Ich wurde in einer kurzen Nachricht ganz direkt von meinem jetzigen Arbeitgeber angeschrieben, ob ich nicht das Unternehmen wechseln will. Keine Heimlichtuerei, kein Wort von Verschwiegenheit.“ Ein Einzellfall in der Grauzone? Offenbar nicht. Monika Zehmisch, Buchautorin und Xing-Expertin, weiß, wie gerade Mittelständler Personal über die Plattformen suchen. „Die direkte Ansprache ist tatsächlich kein Einzelfall“, sagt sie.

Gängiger sei aber eine andere Methode, die den Prozess etwas verschleiere: Die Personalabteilung sucht über Linkedin, Xing und noch häufiger über kleine Foren den Wunschkandidaten aus, beispielsweise einen Maschinenbauingenieur für die Produktion. Ein Produktionsmitarbeiter wird dann beauftragt, ihn „unter Kollegen“ anzusprechen. über typische Xing Floskeln wie „Haben Sie Interesse an einem Erfahrungsaustausch?“ kontaktiert der Mitarbeiter den Kollegen. Später werden die Karten offen auf den Tisch gelegt und über den Wechsel gesprochen. Erst wenn der Angesprochene Interesse zeigt, tritt die Personalabteilung direkt an ihn heran.

Ähnlich funktioniert die Ansprache über die Gruppen- und Diskussionsforen der Communities. Scheinbar zufällig wirft ein Besucher den Namen eines Unternehmens, das Mitarbeiter sucht, in die Runde und verfolgt, wer darauf reagiert. Später wird das Mitglied direkt angesprochen. Dass Unternehmen auch von selbst aktiv werden – und zwar nicht zu selten – steht fest. Genaue Daten dazu gibt es jedoch nicht, da die Recherche immer im Hintergrund abläuft. Völlig legal und kein Geheimnis sind die Stellenanzeigen auf den Plattformen wie Linkedin, die sich kaum von denen in den üblichen Online-Jobbörsen unterscheiden. Mittelständler nutzen diese Internetplattformen aktiv zur Personalsuche.

Wen aber suchen sie überhaupt? Fährmann hat Recht, wenn er sagt, dass sich nur die jüngere Generation im Internet darstellt. Das wissen auch die Mittelständler. Sie suchen nach jungen Mitarbeitern, die schon einige Jahre Berufserfahrung mitbringen. Für Stellen der ersten, zweiten und dritten Führungsebene fangen die Personalabteilungen erst gar nicht an, in den Communities zu suchen. Die Anforderungen sind zu spezifisch, als dass man anhand eines kurzen Lebenslaufs im Internet die Entscheidung für oder gegen einen Kandidaten treffen könnte.

Artikel von

Joachim Kary
Magazin: Markt und Mittelstand
Ausgabe: 7/8|2009
http://www.marktundmittelstand.de/

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